FACHLEKTÜRE
Altern und Immungesundheit: Den natürlichen Abwehrkräften im Alter auf die Sprünge helfen

Mit zunehmendem Alter verändert sich unser Immunsystem – ein Prozess, der in der Wissenschaft als Immunoseneszenz bezeichnet wird. Diese altersbedingte Abnahme der Immunfunktion bedeutet, dass sich unsere Körperabwehr langsamer regeneriert und nicht mehr so effektiv auf Infektionen reagiert.
Aber es gibt Hoffnung: Studien zeigen, dass bestimmte Lebensstiländerungen und Ernährungsgewohnheiten helfen können, das Immunsystem im Alter zu unterstützen und so einen gesunden Alterungsprozess zu fördern. In diesem Beitrag erkunden wir die Ursachen und Auswirkungen der Immunoseneszenz und zeigen Wege auf, wie sich die natürliche Abwehrkraft auch in fortgeschrittenem Alter stärken lässt.
Warum unser Immunsystem mit dem Alter nachlässt
Der Alterungsprozess betrifft alle Körpersysteme, und das Immunsystem bildet hier keine Ausnahme. Doch welche Mechanismen stecken hinter dem Verlust der Immunfunktion?

Rückgang der T-Zell-Produktion: Ein Schlüsselorgan für unsere Immunabwehr ist der Thymus, der direkt unter dem Brustbein liegt und in jungen Jahren für die Produktion und Schulung der T-Zellen verantwortlich ist. Diese Immunzellen sind wichtig für die Erkennung und Bekämpfung von Krankheitserregern. Mit zunehmendem Alter schrumpft der Thymus, was zu einer verminderten T-Zell-Produktion führt – ein Prozess, der als Thymusinvolution bekannt ist.
Chronische, niedriggradige Entzündung: Im Alter neigt der Körper dazu, eine sogenannte „Inflammaging“ zu entwickeln – eine dauerhaft erhöhte Entzündungsbereitschaft im Körper. Diese chronische Entzündung schwächt das Immunsystem, kann zu degenerativen Erkrankungen beitragen und beschleunigt die Immunoseneszenz.
Zunahme seneszenter Zellen: Seneszente oder „Zombie“-Zellen haben ihre Fähigkeit zur Zellteilung verloren, verbleiben jedoch im Körper und fördern Entzündungen. Diese Zellen tragen zur Schwächung des Immunsystems bei, da sie den Aufbau neuer, funktionsfähiger Immunzellen beeinträchtigen.
Umwelt und Lebensstil: Neben dem Alter spielen auch Umwelteinflüsse eine Rolle. Belastungen durch UV-Strahlung, Umweltgifte, Stress und sogar die Luftverschmutzung schwächen das Immunsystem über die Jahre hinweg. Studien zeigen, dass Menschen, die hohen Stressfaktoren und ungesunden Umweltbedingungen ausgesetzt sind, tendenziell schneller eine Schwächung des Immunsystems erleben. Gleichzeitig kann ein gesunder Lebensstil jedoch einen Grossteil dieser Effekte ausgleichen.
Wie man das Immunsystem im Alter stärken kann
Die gute Nachricht: Es gibt Möglichkeiten, die altersbedingte Schwächung des Immunsystems zu verlangsamen. Ein aktiver und gesundheitsorientierter Lebensstil kann die Immunfunktion unterstützen und die Effekte der Immunoseneszenz mildern.
Kälteexposition zur Immunstimulation: Kälteexposition, etwa durch kaltes Duschen oder Eisbäder, ist nicht nur ein Trend, sondern zeigt in Studien immunstärkende Effekte. Regelmässige Kälteanwendungen können die Produktion weisser Blutkörperchen fördern, die für die Bekämpfung von Infektionen wichtig sind. Eine niederländische Studie fand heraus, dass Menschen, die kalte Duschen nehmen, seltener krank sind und eine verstärkte Immunantwort zeigen. Diese Exposition könnte also eine praktikable Option sein, um das Immunsystem im Alter anzuregen.

Alkohol in Massen für das Immunsystem: Während exzessiver Alkoholkonsum das Immunsystem belastet, gibt es Hinweise, dass moderate Mengen, insbesondere von Rotwein, aufgrund der darin enthaltenen Polyphenole positive Effekte auf die Immunfunktion haben können. Polyphenole wirken entzündungshemmend und unterstützen das Gleichgewicht im Mikrobiom des Darms, was wiederum die Immunfunktion stärkt. In Massen genossen, könnte Alkohol so eine positive Rolle für die Immunität spielen.
Optimierung des zirkadianen Rhythmus: Ein regelmässiger Tagesrhythmus, der dem natürlichen Hell-Dunkel-Zyklus folgt, ist nicht nur für den Schlaf wichtig, sondern hat auch eine starke Wirkung auf die Immunabwehr. Chronobiologische Forschung zeigt, dass das Immunsystem in bestimmten Phasen des Tages aktiver ist und ein gut eingestellter zirkadianer Rhythmus Immunreaktionen optimieren kann. Eine konsequente Schlafhygiene und der Verzicht auf blaues Licht am Abend können also die Immungesundheit unterstützen.
Spiritualität und soziale Verbindung: Neben Achtsamkeit und Stressreduktion spielen auch Spiritualität und soziale Bindungen eine wichtige Rolle im Hinblick auf Immunstabilität und Langlebigkeit. Studien belegen, dass Menschen mit intensiven sozialen Kontakten und spirituellen Routinen weniger unter altersbedingtem Immunverlust leiden. Diese psychisch-emotionalen Komponenten können ein wichtiges Werkzeug im Umgang mit Immunoseneszenz sein und gleichzeitig Lebensqualität fördern.
Selen zur Immunmodulation: Während Nährstoffe wie Vitamin D und Zink weit verbreitet sind, wird Selen oft übersehen. Dieses Spurenelement ist jedoch entscheidend für die Funktion vieler Immunzellen und wirkt als Antioxidans, das oxidativen Stress und altersbedingte Entzündungen mindern kann. Eine ausreichende Selenversorgung ist vor allem im Alter essenziell, da die Aufnahme mit zunehmendem Alter abnimmt und der Bedarf durch Umwelteinflüsse steigt.
Techniken zur Hirnstimulation für das Immunsystem: Neue Studien zeigen, dass gezielte Gehirnaktivierung, etwa durch Meditation und neuroplastische Übungen, Immunprozesse beeinflussen kann. Untersuchungen legen nahe, dass gezielte Hirnstimulation die Produktion entzündungshemmender Stoffe anregt, die für eine gesunde Immunreaktion sorgen. Hirntraining, das Gedächtnis, Lernfähigkeiten und kognitive Funktionen fördert, könnte also neben der Verbesserung geistiger Fitness auch die Immunabwehr im Alter stärken.

Abschliessende Gedanken: Gesund altern durch ein starkes Immunsystem
Ein starkes Immunsystem spielt eine wesentliche Rolle für unser Wohlbefinden und die Lebensqualität im Alter. Obwohl der Alterungsprozess unvermeidlich ist, bieten ein gesunder Lebensstil und bewusste Entscheidungen die Chance, die Immunfunktion positiv zu beeinflussen und die Immunoseneszenz zu verlangsamen.
Mit den oben genannten Massnahmen lässt sich unsere Widerstandskraft stärken und damit eine solide Grundlage für ein langes, gesundes Leben schaffen. Obwohl die Forschung zur Immunoseneszenz noch am Anfang steht, bieten uns diese Erkenntnisse schon jetzt wertvolle Ansätze, um die natürliche Abwehrkraft im Alter zu fördern und ein gesünderes Altern zu unterstützen.